Staatsgalerie Prenzlauer Berg

Der Name ist ein klarer Fall von Amtsanmaßung

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Nach der Schließung ihrer Vorzimmerhallen in der Greifswalder Straße präsentiert die Staatsgalerie Prenzlauer Berg ihre zweite Sonderausstellung und ruft "Eine Woche der Güte" aus. Der Titel der Ausstellung "Une semaine de bonté" ist einem 1934 erschienen Collage-Roman aus der Schere von Max Ernst entliehen. Ernst entdeckte das Motto auf dem Plakat einer Wohltätigkeitsorganisation. Als Titel seines Romans ist die Woche der Güte ein sarkastischer Kommentar zur Schöpfungsgeschichte. Als Anmoderation ausgeschnitten, neu eingepaßt und so für die Staatsgalerie PB nutzbar gemacht, umreisst er zugleich das Genre, die Dauer und die Qualität ihrer aktuellen Ausstellung.

Vom 06.10. bis zum 13.10.2018 lädt die Staatsgalerie PB nun zu einer Präsentation ihrer verzerrten Realität. Das entsprechende Programm der Galerie war nie um einen realistischen Blick auf die Welt verlegen, denn das Phantastische entspricht längst einem real existierenden Surrealismus und ist somit rein dokumentarisch zu verstehen. Beim Blick in den Zerrspiegel bietet sich eine Collage des äusserst wahren Lebens, ein zerschlagenes Kaleidoskop der großen Illusionen. Insofern entspricht der Begriff des phantastischen Realismus einem weissen Schimmel, auf dem der Geist eines Realitätsanspruchs ins erhellende Dunckel reitet, um besser zu sehen. Oder?

Drei Künstlerinnen bzw. insgesamt vier Künstler stellen Collagen aus, ihre Arbeiten vereint dasselbe Genre, welches sie gleichzeitig ausdifferenzieren. Denn die vier Collageure mögen alle die Summe der einzelnen Teile anstreben, doch die Schere im Kopf folgt jeweils anderen, inneren Schnittmustern:

Die collages noirs Natalie Huths sind dunkle Familienaufstellungen, ihre Dramen extrahieren sie aus dem dunklen Kern von Ammenmärchen. Die Muster menschlicher Tragödien mögen immer dieselben sein, doch ihre Variationen erzeugen Projektionen wie diese, sie zeugen von großer Intimität und damit von seltener Individualität.

Ronald Lippoks Collagen eröffnen ein Papiertheater, über dessen verzweifelten Komödianten zumeist eine Bedrohung von Gewicht schwebt. Mal ist das Damoklesschwert durch einen verschlossenen Schrank ersetzt, mal durch eine gigantische Klaue, ausgefahren von einer Schicksalsgöttin in den Tiefen der Kulissen.

Jutta Scheiners Gesichtsmasken sagen die Vergangenheit der Portraitierten voraus. So wie der Schamane die Knochen des Ameisenbären wirft und aus ihrer Lage eine Vision ableitet, so fügt sie Fragmente zu einem fragenden, doch stimmigen Bild. Allerdings ohne Rücksicht auf erwünschte Antworten.

Majla Zeneli hat das Genre der Collage in die 3-Dimensionalität überführt, um sich von dieser Neuerung dann wieder abzuwenden. Wie in Opposition zur eigenen Schöpfung, gab sie den einmal geschaffenen Raum wieder auf, um in ihren aktuellen Arbeiten in die Abstraktion zu gehen. Im Raum des abstrakten Denkens entstehen nun miteinander kommunizierende Flächen von sinnlicher Strenge.