Am Anfang stand ein Foto: Martin Frese, er gehört zu den Menschen, in deren Jugend die Fernsehnachrichten des Zweiten Golfkrieges und der jugoslawischen Bürgerkriege einbrachen, nahm sich im vorigen Jahr von seiner Arbeit einen Stapel Tageszeitungen mit. In der Nacht fiel sein Blick auf das Bild eines einzelnen Soldaten, in schwerer Montur mit der Waffe im Anschlag. Frese fragte sich, wie oft ein Westeuropäer durchschnittlichen Alters in den letzten Jahrzehnten Fotos wie dieses gesehen haben dürfte, ohne direkt bedroht zu werden. Seine Antwort konnte keine numerische sein, er wusste nur: sehr oft. Das Bild begann, in Frese zu arbeiten.
Er fertigte sich einen Stempel nach der Vorlage an und begann, mit der Silhouette zu experimentieren. Mal ließ er den Soldaten nach links zielen, mal nach rechts; und schon schien sich die Stoßrichtung zu ändern: Griff er an oder wehrte er ab? Frese umgab den zum Emblem gewordenen Kämpfer mit Farbflächen, akzentuierte ihn oder ließ ihn fast gänzlich verschwinden, bis er nur noch ein Schatten war. Er begann mit einem kleinen Format und arbeitete sich weiter zu einem ausladenden, grau-schwarzweißem Schlachtenpanorama, in dem die Figur in einer scheinbaren Endlosschleife präsentiert wird, einem Loop der Militanz.
"Psychedelic War", der Titel von Freses Ausstellung, verweist auf zweierlei: Da wäre die fast schon entgrenzte Atmosphäre einiger seiner Arbeiten. Eines der Bilder ist geeignet, einen bitterbösen Zusammenhang herzustellen. Der Soldat erscheint auf einem Farbmuster, das nicht von ungefähr an eine Tarnuniform erinnert; Camouflage als der bedrohliche Bruder des in den bunten Sechzigern neu in Mode gekommenen Paisley-Musters. Ein Jahrzehnt, zu dem die Drogen gehörten. Doch taten sie es bereits vorher: Die Feldzüge der deutschen Wehrmacht 1939 in Polen und 1940 in Frankreich waren ohne den massenhaften Konsum von Pervitin, einer Speed-Frühform, kaum möglich. Vor diesem Hintergrund hat Martin Freses nächtlicher Zufallsfund eine ganze Assoziationskette angestoßen. Als Kausalitätskette ist sie so verstörend wie vom Künstler gewollt.
Robert Mießner
Er fertigte sich einen Stempel nach der Vorlage an und begann, mit der Silhouette zu experimentieren. Mal ließ er den Soldaten nach links zielen, mal nach rechts; und schon schien sich die Stoßrichtung zu ändern: Griff er an oder wehrte er ab? Frese umgab den zum Emblem gewordenen Kämpfer mit Farbflächen, akzentuierte ihn oder ließ ihn fast gänzlich verschwinden, bis er nur noch ein Schatten war. Er begann mit einem kleinen Format und arbeitete sich weiter zu einem ausladenden, grau-schwarzweißem Schlachtenpanorama, in dem die Figur in einer scheinbaren Endlosschleife präsentiert wird, einem Loop der Militanz.
"Psychedelic War", der Titel von Freses Ausstellung, verweist auf zweierlei: Da wäre die fast schon entgrenzte Atmosphäre einiger seiner Arbeiten. Eines der Bilder ist geeignet, einen bitterbösen Zusammenhang herzustellen. Der Soldat erscheint auf einem Farbmuster, das nicht von ungefähr an eine Tarnuniform erinnert; Camouflage als der bedrohliche Bruder des in den bunten Sechzigern neu in Mode gekommenen Paisley-Musters. Ein Jahrzehnt, zu dem die Drogen gehörten. Doch taten sie es bereits vorher: Die Feldzüge der deutschen Wehrmacht 1939 in Polen und 1940 in Frankreich waren ohne den massenhaften Konsum von Pervitin, einer Speed-Frühform, kaum möglich. Vor diesem Hintergrund hat Martin Freses nächtlicher Zufallsfund eine ganze Assoziationskette angestoßen. Als Kausalitätskette ist sie so verstörend wie vom Künstler gewollt.
Robert Mießner