Staatsgalerie Prenzlauer Berg

Der Name ist ein klarer Fall von Amtsanmaßung

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Im Kontext der Ausstellung "Geschlossene Gesellschaft -
künstlerische Fotografie in der DDR 1949-1989" in der Berlinischen Galerie.

In den 80er Jahren war der Fotograf Robert Paris in den verwaisten Straßen Ostberlins
unterwegs. Er fotografierte vom Verfall bzw. der staatlichen Baupolitik Bedrohtes in seiner
Stadt. Um es vor dem Vergessen zu bewahren erhob der Fotograf Häuser und ihre Fassaden
zu seinen Modellen, die er in einer seltenen Konstellation aus Wehmut und Nüchternheit
porträtierte. Die fortschreitende Hinfälligkeit seiner Welt verweist in den Bildern von
Robert Paris auf die Endzeit und den nahenden Infarkt des DDR-Systems.

Im Herbst 1988 erhielt Robert Paris auf Einladung der Berlinischen Galerie ein 10-Tages-
Visum für Westberlin. Die Fotografien, die in diesen Tagen entstanden stehen für den
seltenen Blick eines Fotografen aus dem Ostteil der Stadt auf ihren westlichen Teil. Mit dem
radikalen Wandel Ostberlins nach dem Abbruch der Mauer sollte sich auch das sog. alte
Westberlin im Umbruch befinden. Robert Paris porträtierte in seinen Bildern die westliche
Welt einer Stadt, die heute so nicht mehr existent ist. Berlin war und ist ihm im
Vergessen und im Wandel immer die eine Stadt.
Robert Paris 2012 über seine Arbeiten:

?Die 'Reise' aus dem östlichen in den westlichen Teil des zerhackten Berlins kam auf Empfehlung der Regisseurin Helga Reidemeister an Janos Frecot zustande, seinerzeit, 1988, Leiter der Sammlung Fotografie der Berlinischen Galerie. Er sollte mir Kraft seines Amtes die Möglichkeit geben, unter einem nachvollziehbaren Vorwand nach Westberlin zu gelangen.
Zunächst besuchte er mich in Prenzlauer Berg. Wir unternahmen eine zauberhafte Fahrt durch die Mark Brandenburg, derweil entspann sich die Idee, mich zur Planung einer Ausstellung meiner im Frühjahr selbigen Jahres fertiggestellten Arbeiten über das Wasserwerk Friedrichshagen, einzuladen.
Was folgte war ein langes, banges Warten. Innerhalb des Künstlerverbandes gab es viel hin und her, die Stimmung, die Genehmigung betreffend, war eher negativ. Aber plötzlich, eines Morgens im Oktober, klingelte das Telefon - Verbandzentralvorstand Inselstraße! Die Abteilung Reisestelle war dran und informierte mich, der Paß sei da, das Visum beginne morgen, gälte für zehn Tage, allerdings mit nächtlicher Rückkehr, da keine Devisen für ein Hotel zur Hand waren.
Punkt 12 Uhr nachts stand ich im Tränenpalast am Bahnhof Friedrichstraße, bin in die S-Bahn und fuhr - durch Wald. So, dachte ich, das also heißt nun Westen?
Am Zoo wurde es dann bunter, ich war da.
Bei einer Freundin im mir damals schon langweilig erscheinenden Steglitz schlief ich erst, um gleich morgens raus zu gehen. Den gesamten Tag auf den Beinen, fotografierend als würde man nie im Leben je wieder zurückkommen. Die ganzen zehn Tage lang.
Abends brav dann über die Grenze, selbstverständlich die Hundetour, welche wir eigentlich nur von den Westdeutschen kannten, einmal um den Schlagbaum, Stempel und zurück.
Aus Neugier habe ich alle innerstädtischen Übergänge durchlaufen, Der Grenzübergang Oberbaumbrücke war der schönste, zum einen fuhr die Straßenbahn fast bis ran und man war gleich im Leben. Dazu natürlich der Weg, allein über die Märchenbrücke, unter dem Kreuzgang übers Große Wasser in die ferne Welt auf hundert Metern - mein Gott, was waren das für Eindrücke...?