"Menschenmöbel" ist ein ambivalenter Begriff. Die Möbel der Menschen, der Mensch als Möbel, oder haben die Einrichtungsgegenstände das Ruder übernommen? Jutta Scheiners zweite Einzelausstellung in der Staatsgalerie Prenzlauer Berg verweist tief in die Kunstgeschichte und führt in die Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Als die Renaissance in ihrem Rückgriff auf die römisch-antike Porträtkunst der Gattung der Porträtbüste zu einem Bedeutungsschub verhalf, waren die Dargestellten zumeist jene, von denen man zu sagen pflegte, sie hätten im Leben gestanden: Weltliche und geistliche Herrscher, Bürger, Künstler, Menschen, an die erinnert werden sollte. Spätestens mit Arthur Rimbauds Wendung "Ich ist ein Anderer" begann die Vorstellung des fest gefügten bürgerlichen Subjekts zu bröckeln. Dadaismus und Surrealismus zeigten fragmentarische Körperlichkeit, unterliefen das funktionale Individuum.
In diesem Problemfeld bewegt sich Jutta Scheiner mit ihren neuen Arbeiten. Sie lassen sich in drei korrespondierende Teile gliedern: Da sind erstens ihre Frauenporträts nach klassizistisch-antikisierenden Büstenvorlagen des 17. und 18. Jahrhunderts. Scheiner bricht deren statuarische Monochromatik auf, indem sie die Figuren in farbliche Geflechte setzt: Blau, Grün und Rot; Töne, aus Scheiners früheren Arbeiten. Doch sind sie diesmal ungebundener, als würden die Menschen, an die erinnert werden sollte, noch einmal zum Leben erweckt.
Dann die titelgebenden "Menschenmöbel", verästelte Koexistenzen aus Belebtem und Unbelebtem: Der Kopf einer dieser Figuren ist am Schopf in ein altertümliches Regal geklemmt, ihre Beine und Oberarme erwachsen aus den Ständern des Möbelstücks. Die grün abgesetzten Unterarme kennt man aus Scheiners Bild "Die Erbschaft" (2011) - diese trug Prothesen. Einige der neuen Bilder schmerzen förmlich, so die abgetrennten Gliedmaßen als Sofakissen und -überwurf. Dabei lassen sie sich als notwendiger Kommentar zu den fast schon perfekten Porträtbüsten sehen. Nicht nur die Menschen, sondern auch ihre Gegenstände haben das Recht auf ein Porträt: Und so fungieren Jutta Scheiners Vasenbildnisse als Bindeglied einer Ausstellung, die in ihrer gelegentlichen Drastik auf die Brüchigkeit als Bedingung des Ganzen hinweist.
Robert Mießner
In diesem Problemfeld bewegt sich Jutta Scheiner mit ihren neuen Arbeiten. Sie lassen sich in drei korrespondierende Teile gliedern: Da sind erstens ihre Frauenporträts nach klassizistisch-antikisierenden Büstenvorlagen des 17. und 18. Jahrhunderts. Scheiner bricht deren statuarische Monochromatik auf, indem sie die Figuren in farbliche Geflechte setzt: Blau, Grün und Rot; Töne, aus Scheiners früheren Arbeiten. Doch sind sie diesmal ungebundener, als würden die Menschen, an die erinnert werden sollte, noch einmal zum Leben erweckt.
Dann die titelgebenden "Menschenmöbel", verästelte Koexistenzen aus Belebtem und Unbelebtem: Der Kopf einer dieser Figuren ist am Schopf in ein altertümliches Regal geklemmt, ihre Beine und Oberarme erwachsen aus den Ständern des Möbelstücks. Die grün abgesetzten Unterarme kennt man aus Scheiners Bild "Die Erbschaft" (2011) - diese trug Prothesen. Einige der neuen Bilder schmerzen förmlich, so die abgetrennten Gliedmaßen als Sofakissen und -überwurf. Dabei lassen sie sich als notwendiger Kommentar zu den fast schon perfekten Porträtbüsten sehen. Nicht nur die Menschen, sondern auch ihre Gegenstände haben das Recht auf ein Porträt: Und so fungieren Jutta Scheiners Vasenbildnisse als Bindeglied einer Ausstellung, die in ihrer gelegentlichen Drastik auf die Brüchigkeit als Bedingung des Ganzen hinweist.
Robert Mießner