Born in Poland 1986, is a multi-disciplinary artist that at present focuses on collage and video sculpture. With studies in philosophy (University of Pomerania) and electroacoustic music (Electronic Music Studio, Stockholm), she has curated and organized shows at Fylkingen, the renowned venue and association for radical and experimental art in Stockholm. She has performed and exhibited as a performance artist, sound artist and visual artist at various venues and festivals in Poland, Sweden, USA, Lithuania, Denmark, Italy, Britain, Germany, Greece and Turkey, as well as collaborated with many artists of different disciplines.
Landkarten sagen ihm nur, was er schon weiß, meint David Thomas. Der Sänger und Texter der sehr nordamerikanischen Rockband Pere Ubu hat die Landkarten Tippi Anna Tillvinds noch nicht gesehen. Die mit Collagen, Video- und Klangkunst arbeitende Künstlerin tranchiert Kartenmaterial ihres polnischen Geburtslandes und bettet es in menschliche Körper ein. Ist "betten" hier das richtige Wort? Genauso gut könnte man sagen, Tillvind durchbricht die Landkarten und lässt sie mit Anatomie- und Porträtbildern zu etwas neuem werden: zu bis jetzt ungesehenen organischen Möglichkeits- und Ereignisfeldern. Blut- und Nervenbahnen münden in Straßennetze; eine Augenbraue verzweigt sich in einen Flusslauf.
Tillvind lässt sich von zwei Bereichen inspirieren, die oft verkürzt als gegensätzlich betrachtet werden. Sie begeistert sich für die Exaktheit der Naturwissenschaften; im gleichen Atemzug ist sie fasziniert vom Regellosen, ja Amorphen. Die Schnitte, die sie alten Büchern und Fotografien antut, sind jedoch keine willkürlichen. Die Künstlerin und begeisterte Baudelaire-Leserin ist verdeckten Strukturen auf der Spur, die sie aus verschiedenen Wirklichkeitsbereichen miteinander in ein Zwiegespräch treten lässt.
Tillvind hat im September 2013 die Staatsgalerie Prenzlauer Berg auf der Berliner Liste mitvertreten und Anfang diesen Jahres an der Gruppenausstellung "Die betroffene Urmutter schreit wie ein waidwunder Ziegelstein" teilgenommen. Bereits da und in den Cadavre Exquise, die sie mit Breeda CC, Thomas Gust, Matthias Heidenreich, Jutta Scheiner und Majla Zeneli anfertigte, wurde deutlich: Ihre Welt mag grotesk und unheimlich anmuten; ihre Urheberin will uns aber nicht be- und eintrüben. Im Gegenteil: "Du kannst die Teile addieren / Doch du bekommst nicht das Ganze", singt der wunderbare Kanadier Leonard Cohen. Vorher im selben Lied ("Anthem", Übersetzung: Detlev Bölter) bekennt er: "Es gibt einen Riss in allem / Doch so kommt das Licht herein."
Robert Mießner
"for me décollage means more than an action of simply dismantling or taking things apart. it appears to me that any structure that generates an inner experience constitutes just as much of the act of construction as of the one of exclusion. while creating a structure, in whatever domain- visual, sound, architecture one enters a game of addition and omission. the results of that game can radically differ in their expression, still remaining physical structures rather than abstractions. by applying simple cuts or tearing away at the original picture i experience a release of the images inner tensions, by introducing pictures to each other in an intimate setting of a "minimal gathering" they start to speak to each other more intensely and deeply than they could do while being just a tiny part of a collage exploding with visual information."
Tippi Anna Tillvind
Landkarten sagen ihm nur, was er schon weiß, meint David Thomas. Der Sänger und Texter der sehr nordamerikanischen Rockband Pere Ubu hat die Landkarten Tippi Anna Tillvinds noch nicht gesehen. Die mit Collagen, Video- und Klangkunst arbeitende Künstlerin tranchiert Kartenmaterial ihres polnischen Geburtslandes und bettet es in menschliche Körper ein. Ist "betten" hier das richtige Wort? Genauso gut könnte man sagen, Tillvind durchbricht die Landkarten und lässt sie mit Anatomie- und Porträtbildern zu etwas neuem werden: zu bis jetzt ungesehenen organischen Möglichkeits- und Ereignisfeldern. Blut- und Nervenbahnen münden in Straßennetze; eine Augenbraue verzweigt sich in einen Flusslauf.
Tillvind lässt sich von zwei Bereichen inspirieren, die oft verkürzt als gegensätzlich betrachtet werden. Sie begeistert sich für die Exaktheit der Naturwissenschaften; im gleichen Atemzug ist sie fasziniert vom Regellosen, ja Amorphen. Die Schnitte, die sie alten Büchern und Fotografien antut, sind jedoch keine willkürlichen. Die Künstlerin und begeisterte Baudelaire-Leserin ist verdeckten Strukturen auf der Spur, die sie aus verschiedenen Wirklichkeitsbereichen miteinander in ein Zwiegespräch treten lässt.
Tillvind hat im September 2013 die Staatsgalerie Prenzlauer Berg auf der Berliner Liste mitvertreten und Anfang diesen Jahres an der Gruppenausstellung "Die betroffene Urmutter schreit wie ein waidwunder Ziegelstein" teilgenommen. Bereits da und in den Cadavre Exquise, die sie mit Breeda CC, Thomas Gust, Matthias Heidenreich, Jutta Scheiner und Majla Zeneli anfertigte, wurde deutlich: Ihre Welt mag grotesk und unheimlich anmuten; ihre Urheberin will uns aber nicht be- und eintrüben. Im Gegenteil: "Du kannst die Teile addieren / Doch du bekommst nicht das Ganze", singt der wunderbare Kanadier Leonard Cohen. Vorher im selben Lied ("Anthem", Übersetzung: Detlev Bölter) bekennt er: "Es gibt einen Riss in allem / Doch so kommt das Licht herein."
Robert Mießner
"for me décollage means more than an action of simply dismantling or taking things apart. it appears to me that any structure that generates an inner experience constitutes just as much of the act of construction as of the one of exclusion. while creating a structure, in whatever domain- visual, sound, architecture one enters a game of addition and omission. the results of that game can radically differ in their expression, still remaining physical structures rather than abstractions. by applying simple cuts or tearing away at the original picture i experience a release of the images inner tensions, by introducing pictures to each other in an intimate setting of a "minimal gathering" they start to speak to each other more intensely and deeply than they could do while being just a tiny part of a collage exploding with visual information."
Tippi Anna Tillvind