Staatsgalerie Prenzlauer Berg

Der Name ist ein klarer Fall von Amtsanmaßung

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mit Micha Brendel, Jürgen Eisenacher, Martin Frese, MK Kaehne, Eoin Llewellyn,
Ronald Lippok, Frank Siewert, Igor Tatschke
Der Begriff "Cadavre Exquis" geht auf ein Wort-Spiel zurück, das sich unter der ersten
Generation der französischer Surrealisten einiger Beliebtheit erfreute. Einer von fünf
Beteiligten schrieb verdeckt das Subjekt auf ein Blatt und faltete es dann so, daß dem
nächsten Spieler dessen Bedeutung verborgen blieb. Dieser wiederum steuerte das
Attribut zum Subjekt bei und gab das Blatt wie zuvor an den nächsten weiter, der das
Verb beisteuerte und es an das ?Objekt? weiterreichte. Der letzte in der Runde schloß
dann mit dem Attribut zum Objekt ab. Das erste verbürgte Resultat dieses kollektiven
Spiels lautete ?Le cadavre exquis boira le vin noveau? und verlieh ihm seinen Namen.

Seinen Ursprung hatte das Gesellschaftsspiel in den Salons der Bürger- und Adelskreise
des 18. und 19. Jahrhunderts ehe es als ein Kinderspiel vor allem in seiner grafischen
Variante Verbreitung fand. Die Surrealisten erhoben es 1925 schließlich zu einer künstler-
ischen Technik und veröffentlichten die ersten Cadavre Exquis 1927 in ihrem Zentralorgan
der Zeitschrift "La Révolution surréaliste".

Ohne eine surrealistische Traditionslinie herleiten zu wollen, vielmehr aus der puren Lust
am Abenteuer, entstand die Idee, acht Künstler zu versammeln, die zuvor Zeichnungen
und Malerei in der Staatsgalerie Prenzlauer Berg ausgestellt hatten.
Am 15. Dezember 2012 trafen sich dann die Maler Micha Brendel, Jürgen Eisenacher,
Martin Frese, MK Kaehne, Ronald Lippok, Eoin Llewellyn, Frank Siewert und Igor
Tatschke zu zwei ?Sessions? in den Räumen der Galerie. In einer ersten Runde von
zwei Gruppen zu je vier Zeichnern schufen sie zunächst insgesamt acht Blätter in
jeweils zwei verschiedenen Formaten. Für die zweite Runde wurden die Gruppen
dann neu zusammengestellt und es entstanden weitere acht Hybridogramme. Parallel
wurde zu jedem der Blätter ein Satz in der oben beschriebenen Technik kreiert, der
dann den Titel zur jeweiligen Zeichnung abgab.

Insgesamt entstanden so sechzehn Zeichnungen in zwei Formaten. Die Absurdität
der Motiv-Collagen verhält sich kongruent zu ihrer Psychedelik. Im "Lexikon des
Surrealismus" (DuMont 1974) ist zu lesen, daß die Cadavre Exquis die kollektive
Erfindung über die individuelle Erfindung und über die Signatur des Einzelnen
gestellt hätten. Doch ohne die individuelle Erfindungsgabe würde die kollektive Vision
ausbleiben. Insofern stellen die Cadavre Exquis eher kollektive Einzelnachweise dar.
Jedes der Blätter ist daher umseitig von den jeweils beteiligten Künstlern signiert.