Staatsgalerie Prenzlauer Berg

Der Name ist ein klarer Fall von Amtsanmaßung

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Robert Lippok
arbeitet seit Jahren zu Jarry, den Erfinder der ?Maschine zur Erforschung der Zeit?
und Wissenschaftler der ?imaginären Lösungen?. Nicht zuletzt durch Gilles Deleuze, der
Jarry als ?verkannten Vorläufer Heideggers? bezeichnete, ist Dietrich Sagert auf Alfred
Jarry aufmerksam geworden und hat eine Textmontage für die Bühne erarbeitet.
Zusammen erarbeiten sie ein imaginäres Theaterprojekt unter dem Aspekt der
Abwesenheit seiner Aufführung.

Dietrich Sagert,
geboren 1963 in Waren / Müritz, studierte Theologie, Philosophie, Musik und Theater,
Promotion in Kulturwissenschaft über Andrej Tarkowsij (HU Berlin), Arbeiten als
Theaterregisseur in Paris, Luxembourg u.a., Lehraufträge, Veröffentlichungen, derzeit
Referent für Redekunst / Rhetorik am Zentrum für evangelische Predigtkultur in Wittenberg,
lebt in Berlin.
Alfred Jarry (1873-1907) ist ein Avantgardist avant la lettre. Zur selben Generation wie Eric Satie und Guillaume Apollinaire gehörend, hat es vor allem der Ausruf ?merdre?(Schreisse) zu Berühmtheit auf den Theaterbühnen der Welt gebracht. Seine Werke um ?König Ubu? oder seinen skurrilen ?Supermann? mit einer eigenartigen, elektrischen Liebesmaschine, sind allesamt von einem dadaistischen Hang zur Groteske gekennzeichnet. Es scheint diese zuweilen grelle verschrobene Art der Auseinandersetzung mit Sprache und Symbolen zu sein, der man heute nicht so recht über den Weg traut. Vielleicht auch, weil man die literarischen Bezüge zu Autoren wie Rabelais, aber auch ihre philosophisch-theologische Finesse nicht mehr präsent hat.

Der Schüler von Henri Bergson bildete mit seinen Arbeiten einen spielerischen Gegenpol zu einem tiefgründigen beziehungsreichen aber erstarrten Symbolismus, den er genialisch zu übertrumpfen und zu konterkarieren suchte. Seine auf diese Weise erfundenen und um Autobiographisches bereicherte literarische Figuren legen aus heutiger Sicht weitere unerwartete Spuren nach Außen. Sei es literarisch in Beziehung zu Johann Wolfgang Goethe oder Gertrude Stein, sei es künstlerisch in Richtung Dada, Neodada und fluxus.

Eine Besondere Stellung nimmt in dieser Hinsicht Jarrys vor einhundert Jahren erschienenes Werk ?Heldentaten und Lehren des Dr. Faustroll (Pataphysiker)? ein. Faustroll, erst nach seinem Tode veröffentlicht, kann als sein Vermächtnis gelten, verbindet dies Werk doch auf originelle Art und Weise Autobiographisches mit poetischer Erfindung, technische Fiktion mit philosophischer Reflexion. Der Jarry?sche Witz und seine Tendenz zur koboldschen Burleske treten hier in besonderer Weise zusammen.

In diesem Jahr jährt sich zum 100. Male das Datum der Erstveröffentlichung von Faustroll, einem Roman des französischen Dichters und Bohemiens Alfred Jarry.

Robert Lippok und Dietrich Sagert präsentieren Jarrys Faustroll nicht in einer klassischen Ausstellungssituation. Sie inszenieren einen Jarry-schen Kosmos, der nicht nur den Ausstellungsstücken, sondern auch dem Roman selbst und dem exzentrischen Wesen seines Autors eine Bühne verschafft. Die Ausstellung ist eine Materialsammlung aus Texten, Skizzen, Modellen, Objekten, Kostümentwürfen, Musik und der Installation einer Zeitmaschine für ein imaginäres Theaterstück. Texte werden auf die Wände geplottet, auf einer Projektionsfläche wird eine Fahrradfahrt durch Paris zu sehen sein, während der Fahrt zitiert der französischer Schauspieler Claude Guyonnet Texte von Alfred Jarry.

Teil der Ausstellung werden zwei Veranstaltungen sein. Zum einen am 20. Oktober:

?Hauptsächlich oder was den Kopf betrifft?
Eine lecture performance zu Alfred Jarry
Vortrag/Szenen/Musik
von und mit Robert Lippok und Dietrich Sagert
(inkl. einiger Assoziationen zu Erik Satie, Gertrude Stein, Johann Wolfgang v. Goethe, Friedrich Wilhelm Murnau, Gilles Deleuze u.a.)

...und zum anderen am 5. November

Ausstellungen / Veröffentlichungen (Auswahl, siehe unten stehender Link)